Die Lebendigkeit der Sprache äußert sich unter anderem in neuen Ausdrücken, die einem zeitgemäßen Geschehen ein bestimmtes Wort zuordnen. Bei vielen davon handelt es sich um Modebegriffe, die eine Zeit lang im Trend liegen und dann wieder aus dem Wortschatz verschwinden, wie zum Beispiel „wulffen“ oder „guttenbergen“. Bei dem Verb „merkeln“ ist allerdings davon auszugehen, dass es sich fest im Sprachgebrauch verankert, umfasst es doch – besonders im deutschen Sprachgebrauch – etliche Varianten, ohne die das derzeitige und zukünftige Geschehen in Europa kaum formulierbar wäre.
Einleitung
Zweifelsohne schreiben wir momentan ein grundlegendes Kapitel europäischer Geschichte. Die Ereignisse werfen lange Schatten voraus auf eine Entwicklung, deren Fundamente zu Beginn des 21. Jahrhunderts gelegt wurden. Insofern eignen sich potenziell alle Namen derzeit führender Politiker zur Bildung einer so elementaren Wortart wie dem Verb. Allerdings hängt die Beliebtheit eines Ausdrucks nicht allein an seiner Bedeutung, sondern ebenfalls am Klang oder an der Wortmelodie. Insofern hat die Popularität von „merkeln“ zwei entscheidende Ursachen: Der Person Merkel kommt nicht nur eine wichtige Rolle in der Europapolitik zu, der zweisilbige Name passt auch noch gut in das Klangmuster deutscher Verben. Besonders letzterer Aspekt führt dazu, dass sich “cameronen“, „rajoyen“ oder gar „montien“ im Sprachgebrauch nicht durchsetzen können. Aktuell ist noch nicht klar, ob sich das Wort „hollanden“ einen Platz erobern wird. Dazu bedarf es einer zumindest kurzen Amtszeit des neuen französischen Präsidenten. Jedenfalls stehen seine Chancen aus Klanggründen wesentlich besser als bei dem Verb „sarkozyen“.
Bedeutung
Es besteht keinerlei Nähe zum nur wenig unterschiedlichen Verb „merken“. Vielmehr scheint „merkeln“ das genaue Gegenteil auszudrücken. Beim Googlen von „merkeln“ ist schnell zu erkennen, es steht im Wesentlichen für negative Konotationen, wie zum Beispiel Missfallen ausdrücken oder eine Standpauke erteilen. Auch kann es bedeuten, sich in Sprechblasen auszudrücken beziehungsweise sich nicht genau festzulegen. Hinzufügen möchte ich den Gebrauch in einem konspirativen Sinne, wie zum Beispiel: „Die G-8 merkeln seit heute in Camp David“.
Varianten
Das Wesen der deutschen Sprache ermöglicht durch seine Präfixe eine nahezu unbegrenzte Anwendungsvielfalt dieses Verbes. Hier sei nur eine Auswahl davon aufgelistet:
wegmerkeln: etwas real Vorhandenes verschwinden lassen
Beispiel: „Deutschland merkelt seine Schulden weg.“
aufmerkeln: von seinem Demonstrationsrecht Gebrauch machen
Beispiel: „Die Bevölkerung merkelte auf, wurde jedoch von der hessischen Polizei ohne weitere Vorkommnisse Mundtod gemacht.“
zumerkeln: salmonartiges Geschwätz mit betäubender Wirkung
Beispiel: „Herr Rajoy merkelt seine Bürger zu.“
übermerkeln: Synonym für übertölpeln
Beispiel: „Mit dem Hilfsprogramm wurden die Griechen übermerkelt.
ausmerkeln: blitzartiges Verschwinden
Beispiel: „Sie merkelte Herrn Röttger aus.“
vermerkeln: dubiose Abkommen treffen
Beispiel: „Die einschlägigen Dealer vermerkelten ein Abkommen mit der Polizei.“
bemerkeln: etwas äußern, das man sich auch sparen könnte
Beispiel: „Die UNO bemerkelt die schlechten sozialen Verhältnisse, in denen die meisten Arbeitnehmer mittlerweile leben.“
Adjektivischer Gebrauch
Ebenfalls im Bereich der Zustände oder Umstände kommen dem Wort diverse Bedeutungen zu:
sich gemerkelt fühlen: ein ähnlicher Zustand wie genervt sein
Beispiel: „Meine Güte, ich bin sowas von gemerkelt!“
merkelisiert sein: einer rigiden Sparverordnung zu unterliegen
Beispiel: „Die Spanier fühlen sich schlichtweg merkelisiert.“
merkelich: bezeichnet einen wunderlichen Zustand
Beispiel: „Der Euro als Gemeinschaftswährung für starke und schwache Länder kann einem nur merkelich vorkommen.“
Substantivische Formen
In dieser Wortklasse konnte sich bisher noch keine allgemeingültige Formulierung etablieren. Allerdings gibt es ein paar Trends, die späterhin dazu führen könnten:
das Merkel: Synonym für Orakel
Beispiel: „Das Merkel weist einen sicheren Weg in die Zukunft.“
der Merkel: ähnlich wie der Scheffel
Beispiel: „Die Jugendlichen haben keine Gelegenheit, ihr Können unter den Merkel zu stellen.“
die Merkel: eventuell eine kleineuropäische Währung der Zukunft
Beispiel: „Eine Merkel tauschen Sie zum heutigen Wechselkurs von 100.000 Geuro.“
Sonstiges
Altrocker Udo Lindenberg nahm bereits 2009 das Verb „merkeln“ in seinen Sprachschatz auf. Seine Interpretation davon ist zwar kein echter Hit, aber durchaus hörens- und sehenswert: